Mario Kallnik, Geschäftsführer des 1. FC Magdeburg, erklärt im Volksstimme-Interview eine neue Philosophie bei Transfers.
Herr Kallnik, der FCM ist mit zehn Punkten aus vier
Spielen das Zweitliga-Top-Team 2019. Wie oft schauen Sie sich momentan
die Jahrestabelle an?
Mario Kallnik: Das
ist eine schöne Momentaufnahme und bestätigt uns, dass wir auf einem
guten Weg sind. Die Ergebnisse sind ein zartes Pflänzchen, das uns
Hoffnung gibt. Fakt ist aber, dass nur die Tabelle nach dem letzten
Spieltag wichtig ist. Und in dieser Tabelle sollten wir über dem Strich
stehen. Nur das hat Priorität.
Wie erklären Sie sich den aktuellen Leistungssprung?
Zum
einen haben wir uns in der Winterpause mit Jan Kirchhoff, Steven
Lewerenz, Timo Perthel und Giorgi Loria gut verstärkt. Viel
entscheidener ist aber, dass die Spieler, die schon da waren, ihr
Potenzial jetzt voll ausschöpfen. Sie weisen aktuell nach, dass sie auch
in dieser Liga bestehen können.
Was macht Trainer Michael Oenning aus?
Michael
Oenning ist es gelungen, alle Spieler zu integrieren und mitzunehmen.
Wir haben uns ganz bewusst für ihn als Trainer entschieden. Er hat die
Sozialkompetenz und steht für den Fußball, den wir sehen wollen:
offensiv, mutig, taktisch flexibel. Wir sind sehr froh, dass er mit
seinem Stab das umgesetzt hat, was wir uns vorgestellt haben. Die
Mannschaft ist mittlerweile gefestigt, es gibt eine klare Hierarchie.
Und sie tritt auch wieder als echtes Team auf, das gemeinsam die Mission
Klassenerhalt angeht. Daran hat Michael einen Riesenanteil. Im Herbst
vergangenen Jahres hatten wir diesen Teamgeist, der uns über Jahre
erfolgreich getragen hatte, nicht mehr wahrgenommen.
Michael Oenning hat Christian Beck zum Kapitän gemacht. Wie sehen Sie ihn in dieser Rolle?
Christian
macht das sehr gut. Er hat die Rolle angenommen und füllt sie mit
vollem Engagement aus. Seine Mitspieler können sich an ihm aufrichten
und sich auf ihn verlassen. Christian geht voran – auf und neben dem
Platz.
Sein Vorgänger Nils Butzen hat es dagegen schwer.
Für
Nils war die Situation in der ersten Saisonhälfte besonders schwer. Er
ist loyal und bringt sich stets für den Erfolg der Mannschaft ein.
Dennoch wurde ihm zu früh die Führungsaufgabe als Kapitän übertragen.
Entsprechend hatte er wenig Zeit, sich selbst auf dem höheren Niveau in
der 2. Liga fußballerisch zu stabilisieren. Er hat die Veränderung
dennoch sehr gut angenommen und gibt aktuell alles im Training. Der
Coach registriert das und bringt ihn selbst in entscheidenden Momenten
wie in Bielefeld ins Spiel. Seine Zeit für Führung auf und neben dem
Platz wird noch kommen. Da bin ich mir sicher.
Wie groß war für Sportchef Maik Franz und Sie der Druck beim Trainerwechsel?
Der
Trainerwechsel musste sitzen. Zeit für Experimente beziehungsweise
einen Fehlgriff gab es nicht. Wir hatten die Situation tiefgründig
analysiert und uns anhand der vorliegenden Ergebnisse entschieden. Wir
waren uns sicher, dass Michael Oenning mit seinem persönlichen und
fachlichen Profil am besten zu uns passt, um unser primäres Saisonziel
Klassenerhalt zu erreichen.
Nach dem Trainerwechsel gerieten Sie in die Kritik. Welche Lehren haben Sie aus dieser Zeit gezogen?
Wir
haben unsere Philosophie nach dem Trainerwechsel verändert. In der Zeit
mit Jens war es so, dass immer der Trainer das letzte Wort bei einem
Transfer hatte. Das haben wir geändert und bereits in der
zurückliegenden Winter-Transferperiode so praktiziert.
Was bedeutet das konkret?
Maik und ich werden dem
Cheftrainer stets unseren in der Sache dienlichen offenen und ehrlichen
Austausch anbieten. Somit kann sich auch grundsätzlich der Cheftrainer
in den Transferprozess einbringen. Inwieweit wir am Ende die Meinung des
Trainers für unsere Entscheidungsfindung gewichten, liegt in unserer
Führungskompetenz. Auch das hatten wir bereits kürzlich in dieser Form
umgesetzt.
Warum haben Sie diese Veränderungen vorgenommen?
Es
geht immer darum, was für die Weiterentwicklung des Vereins gut ist.
Der Wettbewerb wird auf höherem Niveau immer intensiver und
ausgeglichener. Die fußballerische Weiterentwicklung muss vom Verein
auch weiterhin selbst erkannt und vorgegeben werden. Daher müssen die
Charaktere und Fähigkeiten der Spieler in erster Linie zum Verein
passen. Der Cheftrainer ist eine wichtige Führungsperson im
Gesamtsystem. Daher muss auch er für eine Weiterentwicklung zum Club
passen. Durch die veränderte Philosophie übernimmt die Sportliche
Leitung gemeinsam mit der Geschäftsführung noch mehr Verantwortung für
den Transferprozess und stellt sich dieser.
Fühlen Sie sich nach den vergangenen Wochen bestätigt?
Momentan
zeigt sich, dass unsere Forderungen aus der ersten Halbserie angemessen
waren. Es ist gut, dass wir uns spielerisch weiterentwickelt haben,
ohne das andere zu verlieren. Bedingungsloser Einsatz, Leidenschaft und
mannschaftliche Geschlossenheit auf dem Platz bilden die Basis unseres
Spiels. Die Mannschaft, allen voran der Cheftrainer und sein Stab,
setzen das in der Rückrunde bisher eindrucksvoll um. Das entscheidende
Maß bleibt aber weiterhin die Tabelle am 19. Mai.
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